Monika Izabela Kostrzewa schafft ein Werk, das zwischen Kunst und Design, Materialbild und Environment, Malerei und Grafik, Installation und Performance oszilliert. Auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen überschreitet sie die Genregrenzen, redefiniert Begriffe wie Kleidung, Status, Individuum und dessen Kommunikation mit anderen Individuen, erforscht die Wechselwirkungen zwischen Kultur, Interkulturalität, Alltag und wie sie die Entwicklung der Mode-Archetypen beeinflussen. Sie dekonstruiert das Herkömmliche und setzt die Einzelteile zu einem überraschenden Ganzen zusammen. Die Künstlerin entwirft Slow-Fashion-Kollektionen für Frauen nach dem Zero-Waste-Prinzip (Null-Abfall-Prinzip), für die sie natürliche opake und transparente Stoffe benutzt. Sie werden häufig mit geometrischen Mustern bedruckt, die aus ihren Grafiken stammen, sodass rhythmische Strukturen entstehen. Kostrzewas Kreationen sind zugleich sublim und ausgefallen, monumental und minimalistisch, voluminös und von einer zurückhaltenden, fast monochromen Farbigkeit.



Textilien, Papier & Leder
Das Interesse der Künstlerin gilt sowohl den Textilien als auch den nicht textilen Materialien, deren Struktureigenschaften eine Inspirationsquelle für die Formen und Strukturen der von ihr designten Kleider und ihres grafischen Werks sind. Ihre Modekollektionen und autonome Raumobjekte bestehen aus aufgearbeiteten gefärbten Materialien, unter anderem aus recycelten handgeschöpften Papier und Naturleder. „Das Papier symbolisiert die Flüchtigkeit und Vergänglichkeit des Augenblicks, das Leder – die Last der Geschichte, und die Textilien – die kulturelle Kontinuität. Diese drei Stoffe erschaffen gemeinsam auf der Zeitachse eine eigene Geschichte, durch die sich Handlungsstränge der Veränderungen und Erfahrungen ziehen, welche zugleich Träger der Erinnerung sind, die im Laufe der Zeit neue Bilder und Zukunftsvisionen entstehen lässt“, erklärt Monika Izabella Kostrzewa.



Transparente Gemälde, Serigrafien & Fotografien
Mit über 20 Arbeiten ermöglicht die Ausstellung „Formy i Struktury / Linia czasu // Formen und Strukturen / Zeitachse” von Monika Izabela Kostrzewa im Projektraum art.endart einen repräsentativen Einblick in das vielseitige und vielschichtige Werk der Künstlerin. Gezeigt werden diagonale, aus verhüllten Mannequins bestehende Kompositionen in spiralförmigen Roben-Konstruktionen und im Raum hängende Textilobjekte, die für den Kreislauf der Mode stehen und den auf der Zeitachse entstehenden Formen zu immer neuen Aufzügen verhelfen. Es sind eine Art transparente Gemälde, eine Paraphrase der Kleidung, die über ihren eigentlichen Nutzwert hinausgehen. Ergänzt werden sie durch eine Reihe von Serigrafien (Siebdrucken) und Arbeiten aus recyceltem Papier und Leder sowie durch ideenbasierte Fotografien, die Monikas künstlerische Praxis dokumentieren.



Theater des Alltags
Ihre interdisziplinären Installationen sind in situ, das heißt: genaustens auf den Raum, in dem sie inszeniert werden, zugeschnitten, sodass jede Installation einmalig, temporär und nicht wiederholbar ist. Galerien, öffentliche Innen- und Außenräume sind Bühnen, auf denen Monika Izabela Kostrzewa ihre Skulpturen, Zeichnungen und Collagen in Szene setzt. Sie sind Elemente eines Gesamtkunstwerks, in dem die Künstlerin als Skriptautorin, Regisseurin, Ausstatterin, Kostüm- und Bühnenbildnerin agiert. Sie entfalten eine starke Sogwirkung sowohl als Gruppe – oder auch einzeln, wenn sie in Vitrinen ausgestellt werden. Sie sind Teile eines Theaters des Alltag, in dem Monika Izabela Kostrzewa das Außergewöhnliche mit dem Gängigen, das Sakrale mit dem Profanen, das Beständige mit dem Flüchtigen, das Verblüffende mit dem Gewohnten kombiniert. Ihre Kleiderobjekte offenbaren sich auf den zweiten Blick als raffinierte Raumzeichnungen, in denen sich horizontale und vertikale Linien schlängeln, ohne sich in die Quere zu kommen. Ihre verhüllten Plastiken sind eine Aufforderung, sie in unserer Fantasie zu enthüllen, die Schichten des Materials zu durchdringen, um zu begreifen, dass ein modisches Outfit der Identität zwar schmeichelt, sie aber nicht ersetzen kann. Oder, wie Coco Chanel es sagte: „Mode ist nichts, was nur in der Kleidung existiert. Mode ist in der Luft, auf der Straße. Mode hat etwas mit Ideen zu tun, mit der Art wie wir leben, mit dem, was passiert.“ Und der große Modeschöpfer, Yves Saint Laurent, drückte es ähnlich aus: „Moden vergehen, der Stil bleibt ewig.“
Diese Attitüde ist auch Monika Izabela Kostrzewa eigen. Die Ausstellung „Formen und Strukturen / Zeitachse“ im Projektraum art.endart ist eine gute Gelegenheit, in das faszinierende Universum der polnischen Künstlerin einzutauchen und ihr facettenreiches Werk zu bewundern. Enjoy it!

Text © Urszula Usakowska-Wolff
Monika Izabela Kostrzewa
Formen und Strukturen / Zeitachse
noch bis zum 13.Juli 2025
Projektraum art.endart
c/o Lucyna Viale
Drontheimer Straße 22/23, 13359 Berlin-Wedding
+49.1573.496.9888
art.endart@gmx.de