»Arabella« von Richard Strauss – Gelungene Premiere an der Deutschen Oper Berlin
»Arabella« von Richard Strauss – Gelungene Premiere an der Deutschen Oper Berlin

»Arabella« von Richard Strauss – Gelungene Premiere an der Deutschen Oper Berlin

Die Frage des freien Willens beschäftigte Hugo von Hofmannsthal immer wieder in seinen Werken, und so nimmt es nicht Wunder, dass diese Frage auch in seinem letzten großen Werk, im Libretto zu »Arabella«, ihn noch einmal umtrieb. Schon in der Eingangsszene beschwört eine Kartenauslegerin die Determiniertheit des nachfolgenden Geschehens. Die Eltern Arabellas handeln unter dem Druck der katastrophalen finanziellen Situation der Familie Waldner. Arabella und ihre Schwester Zdenka dagegen wollen selbst über ihr weiteres Lebensschicksal entscheiden.

Die Handlung spielt im k.u.k. Wien des 19. Jahrhunderts, wo die Familie des durch seine Spielsucht verarmten Grafen Waldner in einem Hotel wohnt, ein biedermeierliches Bild mit Damen in üppigen Kleidern, wie es damals üblich war. Das Auftreten verschiedener Bewerber um Arabellas Gunst und die Verkleidung der Schwester Zdenka als der jüngere Bruder Zdenko, schließlich das Erscheinen des durch Erbschaft wohlhabenden slawonischen Gutsbesitzers Mandryka, das alles führt zu einer Verwechslungskomödie, die man eher in einer Operette als einer Oper erwartet. Doch nach dem Höhepunkt der Missverständnisse beim Fiakerball finden im Schluss alle Personen zu ihrem Ziel. Happy End für die Familie Waldner, Zdenko wird wieder Zdenka und bekommt den Offizier Matteo, den ihre Schwester Arabella abgewiesen hat, und Arabella geht einem Leben als Herrin und Dienerin Mandrykas entgegen.

Eine Besonderheit: In dieser Oper gibt es keinen einzigen Sterbefall, nicht durch Krankheit und nicht durch Mörderhand.

Tobias Kratzer erzählt die Geschichte als eine Zeitreise. Warum er im ersten Teil das gutbürgerliche Hotelleben auf einer geteilten Bühne inszeniert, um auf der anderen Hälfte die Videoaufzeichnung zu präsentieren, die drei Figuren in schlechter Bildqualität schwarzweiß aufgenommen haben, bleibt rätselhaft. Sollte das ein bisschen Castorf sein?

Beim Fiakerball, wo Arabella zur Ballkönigin ausgerufen wird, führen die Tänzerinnen und Tänzer ausgelassene Walzer- und Polkatänze vor. Und weil alles am Fasnachtsdienstag spielt, sieht man auch eine Figur als Affe verkleidet, die von SA ähnlichen Kerlen von der Bühne getrieben wird. Wir sind in den 1930er Jahren angekommen. Das Handy der Fiakermilli zeigt die Gegenwart an, in der die starren Rollen nicht mehr gelten, sodass auch ein intensives Liebesspiel zweier Männer beweist, dass man in einer neuen Welt mit neuen Werten angekommen ist.

Wer ein Fan der Musik von Richard Strauss ist, ist in der Deutschen Oper gut aufgehoben. Sir Donald Runnicles führt das Orchester mit Betonung der sinfonischen Partien, was allerdings stellenweise die Sänger und Sängerinnen unverstehbar macht. Aber es gibt ja die Übertitel, nur wenn man die gelesen hat, ist die Handlung schon wieder einen Schritt weiter.

Bei den singenden Personen auf der Bühne war Albert Pesendorfer als Graf Waldner wieder eine Bank. Sein ruhiger Bass gibt auch einer zum komischen neigenden Rolle die altersgerechte Würde. Russell Braun war leider etwas indisponiert, gab aber so dem Mandryka eine menschliche Note. Matteo wurde von Robert Watson mit einem eher wagnerhaften Tenor geboten, eben ein schneidiger Jägeroffizier.

Die Soprane glänzten alle, jede auf ihre Art. Doris Stoffel als Adelaide drückte in dunkler Tönung die Sorgen einer Mutter aus. Arabella wurde von Sara Jakubiak gesungen, ihre Leistung ist umso stärker zu loben, weil sie nach dem Erkranken von zwei vorherigen Arabellas erst wenige Tage vor der Premiere zum Team gerufen wurde. Einen bezaubernden Leckerbissen bescherte Hye-Young Moon mit der Koloratur der Fiakermilli, jener Wiener Volkssängerin, der Hofmannsthal und Strauss mit diesem Auftritt ein Denkmal gesetzt haben. Von Frau Moon möchte man gern in anderen Rollen noch mehr hören.

Das Publikum bedankte sich für diesen gelungenen Opernabend mit anhaltendem Applaus. Lediglich Tobias Kratzer wurde mit einigen Buhrufen bedacht. Die Begeisterung für Sir Donald Runnicles hielt sich wieder einmal in Grenzen, aber darauf scheint er beim Berliner Publikum abonniert zu sein.

Text © Manfred Wolff >>>

Foto © Urszula Usakowska-Wolff

Deutsche Oper Berlin >>>
Bismarckstraße 35, 10627 Berlin

Nächste Vorstellungen:
23. März, 19:30 Uhr; 26. März, 18 Uhr; 30. März, 19.30 Uhr; 01. April, 19:30 Uhr; 06. April, 19:30 Uhr (zum letzten Mal in dieser Spielzeit)